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Training in Sun Peaks

Donnerstag, 17. November 2005

Seit genau einer Woche trainieren wir nun im kanadischen Nobelschiort Sun Peaks, 45 Minuten von der Stadt Kamloops entfernt, wo auch der Flughafen ist. Kamloops befindet sich ziemlich genau in der Mitte zwischen Vancouver und Calgary.

Sun Peaks liegt auf etwa 1300 Meter Seehöhe und ist ein relativ neuer Schiort. Der Lift, der uns täglich zu unserer Trainingsstrecke bringt, wurde erst 1994 eröffnet und auch die Hotels und Gebäude im Ort sehen alle recht modern und neu aus. Wir wohnen in einem Appartementhotel namens ‚Cahilty Lodge’, direkt neben der Piste. Das ist sehr angenehm, denn in den vergangenen Jahren, in denen wir uns immer in den USA auf die Überseerennen vorbereitet haben, mussten wir teilweise zwei Stunden täglich mit dem Auto fahren, um zur Trainingspiste und wieder zurück zur Unterkunft zu kommen. Zudem ersparen wir uns eine Flugstrecke, da die ersten Rennen am 26. und 27. November im kanadischen Lake Louise (Abfahrt und Super G) stattfinden, und Lake Louise ist von Sun Peaks nur etwa vier Autostunden entfernt. Alles in allem also ein Vorteil, in Kanada zu trainieren, nur hatten wir bisher ziemliches Pech in mehrerlei Hinsicht: Gleich zu Beginn, am 2. Trainingstag verletzte sich Mario Scheiber schwer, er zog sich einen Kreuzbandriss zu und musste wieder nach Österreich heimkehren. Wenn sich ein Teamkollege so schwer verletzt und man auch noch daneben steht und das ganze beobachtet, dann wird einem schon ganz schnell bewusst, wie schnell alles vorbei sein und der Traum einer Olympiasaison platzen kann. Den ganzen Sommer trainiert man hart, fühlt sich bestens und möchte gerne zeigen, was in einem steckt. Dann sind solch schwere Verletzungen schon ein ganz schwerer Rückschlag und es kostet viel Kraft, wieder von vorne anzufangen. Der Mario kann einem besonders Leid tun, denn er erlitt in seiner noch jungen Karriere schon viele Verletzungen.

Als wäre ein Verletzter nicht genug, stürzte wenige Tage später Christoph Kornberger beim Abfahrtstraining schwer. Er stürzte an einer Stelle, an der ich zuvor auch fast gestürzt wäre, zu Beginn des Flachstückes. Vom steileren Teil mit vielen Wellen und geht es an dieser Stelle in einen flachen Teil über, das Tempo ist sehr hoch und am Rand befindet sich noch Neuschnee. Man hat an dieser Stelle Mühe, in der etwa vier Meter breiten Spur zu bleiben, sonst kommt man in den Neuschnee hinein. Ich hatte großes Glück, denn bei mir ging sich das ganz knapp aus aber der Christoph Kronberger, der nach mir startete, kam in den Neuschnee, rammte folglich das nächste Tor und überschlug sich. Er zog sich dabei Frakturen am Knöchel zu und wird damit auch für längere Zeit ausfallen.

Viel Pech also gleich zu Beginn unseres Trainings in Sun Peaks, doch auch die Verhältnisse hier wollten nicht von Anfang an mitspielen. So setzten am dritten Tag Schneefälle ein und wir konnten zeitweise nur frei fahren, da die Piste noch zu weich war. Statt Super G zu trainieren stand dann relaxen am Programm: im Hotel der Abfahrtstruppe befindet sich ein Wellnessbereich, den auch wir benutzen dürfen, und so entspannte ich mich ein wenig im Whirlpool…

Am Mittwoch war ich bereits um Viertel vor acht auf unserer Teststrecke zum Schitesten. Wir hatten nicht viel Zeit, denn an diesem Tag wurde in Sun Peaks die Schisaison eröffnet und ab neun waren die Pisten dann für jedermann zugänglich. Leider hing in der Teststrecke sehr hartnäckiger Nebel, der sich einfach nicht lichten wollte – Training unmöglich! Um Punkt neun dann, als wir die Piste räumen mussten, kam, wie’s der Teufel so will, die Sonne zum Vorschein. An diesem Tag stand auch noch Abfahrtstraining auf dem Programm und so begab ich mich zu unserer Abfahrtspiste – dort bot sich allerdings das gleiche Bild wie zuvor auf unserer Teststrecke: Nebel. Schließlich schafften wir dann doch noch vier Fahrten.

Zu diesem Abfahrtstraining muss ich noch eine kleine Anekdote erzählen: Am Tag zuvor saß ich beim Abendessen mit Stefan Görgl und Rainer Schönfelder zusammen. Da schlug mir der Schöni vor, beim Abfahrtstraining am nächsten Tag ein Duell zu machen, wer der Schnellere von uns beiden sein würde. Ich antwortete ihm, dass es wohl so weit noch nicht gekommen sei, dass ich mich mit ihm in der Abfahrt messen müsse. Der Gscheiteste war aber der Görgl Stefan, der hat nämlich zum Schöni gesagt, dass er es schwer haben würde, überhaupt in der Referenzzeit ins Ziel zu kommen. Die Referenzzeit ergibt sich folgendermassen: ein Läufer fährt die von den Trainern gesetzte Strecke, damit diese ungefähr wissen, wie lange der Lauf ist. Diese Zeit plus/minus einige Sekunden wird dann als Referenzzeit bezeichnet (bei 60 Sekunden würde die Referenzzeit also so zwischen 55 und 65 liegen). Um den Zeitschranken am Ende des Laufes nicht bei jedem, der durchfährt (Rutscher, Pistenarbeiter,…) auszulösen, wird der Schranken auf diese Referenzzeit programmiert und die Rennläufer müssen auch in dieser Zeit durch die Zeitschranke fahren, um in die Wertung zu kommen.

Jedenfalls hat der Görgl Stefan gemeint, der Schöni würde nicht einmal die Referenzzeit schaffen. Im Endeffekt mussten sowohl der Stefan als auch ich für unsere Ansagen büssen, denn wir beide kamen beim Abfahrtstraining nicht an Schönis Zeiten heran! Bei meinem schnellsten Lauf fuhr ich eine Zeit von 61,40 und der Schöni fuhr 61,30. Eine ziemliche Blamage, sich von einem Slalomfahrer beim Abfahrtstraining geschlagen geben zu müssen! Noch schlimmer hat’s aber den Görgl Stefan getroffen, der blieb in seinem schnellsten Lauf knapp unter 63 Sekunden! Zu unserer Verteidigung muss ich sagen, dass der Schöni mit Abfahrtsrennanzug gefahren ist und Rennschi verwendet hat… Trotzdem: in Zukunft werden wir den Schöni als Abfahrtsgegner ernster nehmen müssen!

Am heutigen Donnerstag standen dann Abfahrtszeitläufe am Programm, es ist jetzt 12.30 und gerade schaut mein Trainer bei der Tür herein und sagt die Zeitläufe (nach bereits vier Verschiebungen, eigentlich hätte um 8.15 gestartet werden sollen) ab. Wieder hat uns der Nebel einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Vor den Rennen in Lake Louise muss ich noch mindestens zei Tage Super G, einen Tag Abfahrt und einen Tag Riesentorlauf trainieren, ich hoffe, das geht sich aus. Es ist natürlich schon mühsam, wenn das Training nicht wie geplant verläuft, dann sitzt man herum und wartet auf die nächsten Entscheidungen. Natürlich wird Rad gefahren und die Kondition trainiert, doch eigentlich bin ich ja zum Schifahren hier und möchte für die kommenden Rennen noch das richtige Material herausfinden. Normalerweise sind die Tage mit Schneetraining, Videoanalysen, Materialbesprechungen usw. komplett ausgefüllt und so hofft man halt immer, dass das Wetter am nächsten Tag mitspielen wird. Somit sind für morgen noch mal die Abfahrtszeitläufe angesetzt und ich hoffe doch stark, dass sich dieser Nebel endlich verziehen wird.

Ansonsten ist dieser Schiort hier super und unsere Trainer haben alles getan, um uns ein perfektes Training zu ermöglichen. Das Wetter kann ja nun mal leider niemand beeinflussen…